#5 – Das Angebot

Thomas Pisar – satirisch – über Führen und Geführtwerden. Folge 5.

„Hast du das von Knecht gehört?“

„Yep“

„Hat original das Angebot von der HGT abgelehnt.“

„Yep“

„Das soll 50 Prozent über seinem aktuellen Gehalt gelegen haben.“

„Yep“

„Und einen BMW, statt der VW-Gurke wie bei uns.“

„Yep“

„Einen BMW, den er sich selbst aussuchen und auf Firmenkosten konfigurieren hätte können.“

„Yep“

„Hat es aber nicht gemacht.“

„Yep“

„Angeblich, weil er bei uns noch nicht mit seinem Auftrag der Restrukturierung fertig ist.“

„Yep“

„Sich dem Auftrag und der Firma gegenüber verpflichtet fühlt.“

„Yep“

„Die Mitarbeiter dabei nicht im Stich lassen will.“

„Yep“

„Das hätte ich dem Knecht nie zugetraut“

„Yep“

„Da können sich andere wirklich eine Scheibe abschneiden“

„Yep“

„Das ist mal Verantwortungsbewusstsein.“

„Yep“

„Da bräuchten wir mehr davon.“

„Yep“

„Hast du mit ihm mal gesprochen?“

„Yep. Er beißt sich bis heute noch in den Hintern, dass er das Angebot nicht angenommen hat.“

Learnings

Die Learnings aus dieser Geschichte könnten ein ganzes Buch füllen. Hier die vier wichtigsten:

  • Die erste Verantwortung gilt immer einem selbst. Loyalität und Verantwortungsgefühl sind wichtig, aber sie sollten nicht dazu führen, dass man die eigenen Bedürfnisse dauerhaft hintenanstellt. 
  • Unternehmen erwarten oft, dass Mitarbeiter ihre persönlichen Ziele hintanstellen – doch das ist unrealistisch. Nur die wenigsten sind „Helden“, und wenn doch, werden sie über kurz oder lang „Opfer“. Ein gesundes Arbeitsverhältnis muss für beide Seiten passen.
  • Wer eine Chance ausschlägt und es bereut, verliert oft mehr als nur eine bessere Position. Knecht wird in seiner aktuellen Rolle kaum noch mit der gleichen Motivation arbeiten wie zuvor. Vielleicht wäre es verantwortungsvoller gewesen, Platz für jemanden zu machen, der mit voller Energie an die Aufgabe herangeht.
  • Was von außen bewundernswert aussieht, kann sich innen ganz anders anfühlen. Der äußere Schein trügt oft – was man für Engagement oder Selbstlosigkeit hält, kann in Wahrheit ein innerer Konflikt oder eine falsche Entscheidung gewesen sein.

Haben Sie sich schon einmal in einer Situation wiedergefunden, in der man von Ihnen erwartete, sich selbst zurückzunehmen? Und haben Sie vielleicht schon einmal eine Führungskraft als egoistisch wahrgenommen, ohne den gesamten Kontext zu kennen?ränderungsprozesses, der auf ähnliche Weise gestartet hat? Wie haben Sie sich dabei gefühlt? Was ist daraus geworden?

Artikel erschienen am 11.02.2025 in der „Presse“: https://www.diepresse.com/19354563/das-angebot

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